1957 mussten in der Schweiz viele Schulen kurzfristig geschlossen werden. Die asiatische Grippe hatte das Land voll im Griff. Die erste Welle betraf damals vor allem Kinder; ein regulärer Schulbetrieb war schon sehr bald nicht mehr möglich. Das Virus griff innerhalb weniger Wochen um sich und schränkte das öffentliche Leben massiv ein. Weltweit waren damals Millionen von Opfer zu beklagen und dies nur knapp mehr als ein Jahrzehnt nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Noch schlimmer wütete die Spanische Grippe mit weltweit 50 Millionen Toten im Jahre 1918 unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg. Das Leid dieser Krankheitswelle muss unfassbar hoch gewesen sein. Seither ist in den letzten hundert Jahren zwar die globale Vernetzung exponentiell angestiegen, wirklich verheerende, weltumspannende Epidemien gab es in den letzten 50 Jahren jedoch zum Glück nicht. So kennen wir die Risiken einer Pandemie, und können uns gleichzeitig stündlich über die Ausbreitung neuer Viren weltweit informieren oder werden, ob wir wollen oder nicht, ständig damit konfrontiert.
Die Gefahren neuartiger Viren sind ohne Zweifel gross. Dies wissen wir schon seit Jahrzehnten. Aber wie gehen wir mit diesen Gefahren um? 1958 gab es meines Wissens keine Schutzmasken und Quarantänemassnahmen. Die Krankheit wurde von der Nachkriegsgeneration einfach ausgestanden, anschliessend ging man wieder so gut es ging zur Tagesordnung über. Die Einschränkungen waren eine direkte Folge der Krankheit und somit unausweichlich.
2020 sieht die Situation anders aus. Die Angst vor einer verheerenden Pandemie sitzt uns quasi ständig im Nacken, bevor sie überhaupt da ist. Um Schlimmeres zu verhindern, wird das Tempo für alle sehr früh auf "generell 50" runtergefahren. Leider mit total unterschiedlichen, unberechenbaren Rückhaltesystemen. Vordergründig ist das ein vernünftiger Entscheid. Auf den zweiten Blick ist die Vorgabe jedoch vermutlich zu wenig wirksam, um schlimmere Unfälle zu verhindern, generell aber auch zu einschränkend, um überall wirklich glaubhaft umgesetzt werden zu können. Jeder Kanton kocht somit zur Zeit nach Schweizerisch, föderalistischer Manier sein eigenes Coronamassnahmenplansüppchen. Seither verspüre ich persönlich eine gewisse Hilflosigkeit aktuellen Corona- Fragen gegenüber und dies bei landesweit erst rund vierzig nachgewiesenen Erkrankungen. Sind Chorproben mit älteren Menschen längerfristig noch verantwortbar? Wie hoch ist das Risiko, als Musiklehrer bei der täglichen Arbeit in der Schule angesteckt zu werden?
Und wie steht es mit dem Risiko für ältere Kolleginnen und Kollegen? Weshalb machen wir uns diese Gedanken überhaupt? Sind wir nicht dauernd von unausweichlichen Risiken umgeben und sind gewisse Risiken weltweit nicht wesentlich bedrohlicher als das Coronavirus? Können bereits geplante Konzerte trotzdem noch durchgeführt werden? Machen die ausgesprochenen Verbote wirklich Sinn? Fragen über Fragen....
Eigentlich hätte ich mich lieber erst nach einer akuten Verbreitung des Virusˋ mit diesen Fragen auseinandergesetzt. Also schalte ich momentan vorerst lieber mal das Handy aus und mache mit meiner Familie am abgesagten Fasnachtsdienstag einen Spaziergang. Alles andere wird sich zeigen....
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