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Mit Masken in fallenden Blättern

Aktualisiert: 7. Nov. 2020


Fotos: Daniel Nussbaumer Es ist still geworden in der Schweiz. Viele Kulturinstitutionen mussten ihren Betrieb reduzieren oder vollständig einstellen. Zeugnis davon sind Beispiele von Kolleginnen und Kollegen der Aktion "sang- und klanglos" (https://www.youtube.com/watch?v=iSmVBna_OPc), die den Probebetrieb praktisch vollständig abbrechen mussten. Besonders einschneidend für viele Vereine ist das gesamtschweizerische Chorverbot, das vor mehr als einer Woche erlassen wurde. Viele Kantone haben daraufhin das Gruppensingen ab dem jungen Erwachsenenalter oder gar vollständig auf ihrem Hoheitsgebiet verboten. Darunter gehört auch der Kanton Baselstadt, wo renommierte Chorschulen praktisch nicht mehr proben dürfen.

Laut der Bundesverordnung gibt es einen einzigen Bereich, in dem gemeinsames Singen zur Zeit noch erlaubt ist: im Klassenverband an Schulen. Daher ist es laut dem neusten Szenario im Kanton Baselland am Gymnasium Muttenz immer noch möglich, mit einer Klasse zu singen. Dabei muss ein Abstand von 2.5 Metern eingehalten und es müssen zwingend Masken getragen werden. Macht unter solch schwierigen Umständen das gemeinsame Singen überhaupt noch Sinn?

Genau das probieren wir zur Zeit am Gymnasium Muttenz aus. Mit Unterstützung der Schulleitung nutzen wir schon seit längerer Zeit regelmässig grosse Räume, um das gemeinsame Singen unter sicheren Umständen doch noch zu gewährleisten. Die Verunsicherung der Schülerschaft ist auf Grund des Chorverbots recht gross und mittlerweile gibt es Klassen, die das Singen vor Ort lieber ganz weglassen würden. Trotzdem versuchen wir als Musiklehrpersonen von der Möglichkeit des gemeinsamen Singens so gut es eben geht immer noch regelmässig Gebrauch zu machen.

So haben wir es bisher häufig geschafft, das Schulhaus doch noch mit Klängen des Gesangs zu erfüllen. Wenn wir nämlich im Foyer im Erdgeschoss singen, ist unser Gesang laut Ohrenzeugen fast im ganzen Schulhaus des Gymnasiums durch die offenen und gut durchlüfteten Zimmer des Gebäudes hörbar; "the falling leaves drift by my window.." klingt dann von Ferne in allen Ohren. In Zeiten des immer stärker werdenden Rückzugs hat das gemäss einigen Kolleginnen und Kollegen durchaus etwas Wohltuendes. Der Klang der menschlichen Stimme vermag uns für kurze Momente zu entrücken und erfüllt das ganze Schulhaus fast wundersam mit malerischen Klangfarben.

Blätter werden aus hygienischen Gründen in diesen Singsequenzen keine verteilt. Der Notentext wird direkt vom Pad via Beamer eingeblendet. Wenn gewisse Schülerinnen und Schüler zu wenig nach vorne sehen, können sie auch per Smartphone direkt auf den Notentext zugreifen. Eine interessante Kombination, in der das Handy plötzlich zum Arbeitsinstrument wird.

Zugegeben: Es braucht etwas Überwindung, unter diesen widrigen Umständen trotzdem noch zu singen. Jedesmal wenn es soweit kommt, ist dann doch erstaunlich, wie schnell sich eine intensive Zufriedenheit darin einstellt, sich in Zeiten von "Lockkdowns" und "Social Distancings" beim Singen als Teil einer Gemeinschaft zu hören, spüren und zu sehen. Auch wenn ein strenger Winter angesagt ist, die Blätter fallen und alles in der Schwebe scheint, säen wir jetzt schon hoffnungsvoll die Samen für das nächste Frühjahr. Deshalb singen wir, so gut es geht, weiter. Gut geschützt dem Virus zum Trotz.

P.S. :

In folgender Petition wird gefordert, dass das Chorsingen mit griffigen Schutzkonzepten möglichst überall bald wieder möglich sein soll:












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