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Autorenbildjuergsiegrist

Nachwuchskaderchöre


Jugendkammerchorbegegnung Usedom 2012, Kammerchor Gym Muttenz

Erwiesenermassen betrifft das Coronavirus junge Menschen nur wenig. Umso tragischer ist es, dass schweizweit viele etablierte Chorschulen seit mehreren Wochen nicht mehr proben dürfen. Nun ist auf Initiative des Vereins “Skjf" (Schweizer Kinder- und Jugendchorförderung) die Idee entstanden, im Bereich "professionelles Chorschaffen" projektweise ein sogenanntes Label "Nachwuchskaderchöre" zu schaffen. Diesen sogenannten Nachwuchskaderchören soll dann erlaubt sein, wenn möglich unter strengen Auflagen die Probearbeit rasch wieder aufzunehmen.

Es ist tatsächlich so, dass sich in den letzten Jahren im Bereich Nachwuchs im Schweizer Chorwesen Vieles erfreulich weiterentwickelt hat. Das gilt nicht nur für Nachwuchschöre und Chorschulen, sondern auch für viele andere jüngere semiprofessionelle bis professionelle Ensembles, die in den letzten Jahren zahlreich regelrecht aus dem Boden geschossen sind. Es ist tragisch, dass nun all diese tollen Ensembles teilweise nicht mehr proben können. Chorkonzerte wurden ja unlängst schon verboten. Es ist für mich weiterhin überhaupt nicht nachvollziehbar, warum die akute Gefährdung dieser Szene im Gegensatz zur "Beizenszene" beim Erlass des "Schweizerischen Chorverbots" nicht angemessen berücksichtigt wurde und es zeigt sich gerade in diesem Vorgehen, wie wenig die Schweizerische Chorlandschaft in der Kulturpolitik wahrgenommen wird. Nun gilt es, das Beste aus diesem Scherbenhaufen zu machen, damit der Schaden möglichst gering gehalten werden kann. Aber wie tut man das? Indem man einfach die nach aussen besten der besten wieder singen lässt? Grundsätzlich befürworte ich, dass überhaupt endlich Dynamik in die Frage kommt, wer denn nun doch wieder gemeinsam singen dürfen soll. Dass das zuerst der hoffnungsvolle, begabte Nachwuchs sein könnte, klingt vernünftig. Schwieriger wird es in der Frage, wo nun dieser "hoffnungsvolle Nachwuchs" zu finden sei..In einem kantonalen Projektchor? In einem Schweizer Jugendchor? An einer für Chormusik etablierten Schule oder Kirchgemeinde? An einer jungen, erfolgreichen Chorschule? Bei ehrgeizigen Preisträgern? An einer altbewährten, traditionellen Chorschule? In einem musikspezifischen Internat ohne nationalen Leistungsausweis?

Natürlich wissen wir als Chorleiterinnen und Chorleiter sehr genau, wo die interessanten Jugendchorprojekte in der Schweiz am Laufen sind. Oftmals sind sie aus einer jahrelangen Bewegung etablierter Chorleiterinnen und Chorleiter entstanden, die mit viel Geschick ihre Begeisterung für Chormusik weitergeben konnten. Solchen Chorbewegungen entspringen dann wiederum ganze Generationen von Musikerinnen und Musikern und werden, wenn man so will, zu "Kaderschmieden".

Je länger das Chorverbot dauert, desto einschneidender werden die Folgen für genau diese Chorschulen sein. Interessant dabei ist, dass nun nach jahrelanger Aufbauarbeit erst durch ein Chorverbot die Idee entsteht, diese Projekte zu nennen und ein Stück weit vor den unmittelbaren Folgen der Krise zu schützen. Dabei muss klar berücksichtigt werden, dass die Strukturen in der Chorszene historisch wesentlich chaotischer gewachsen sind als in der Jugend- und Sportszene und eigentlich erst seit der Etablierung des Skjf (Schweizerisches Kinder- und Jugendchorfestival) quasi als Antwort auf das Ejcf (Europäisches Jugendchorfestival) im Jahr 2007 eine Plattform entstanden ist, die die Schweizer Jugendchorszene entscheidend vorangebracht und sichtbar gemacht hat. Ursprünglich war das Skjf ein Anlass, der sich vor allem für die Breitenförderung des Jugendchorsingens eingesetzt hat. Dass nun gerade der Skjf (heute Verein für Kinder- und Jugendchorförderung) für die Erhaltung und Ernennung der sogenannten "Nachwuchskaderchöre" zuständig sein soll, ist daher fast schon etwas ironisch und eine völlig neue Entwicklung.

Es freut mich aber ausserordentlich, dass nun etwas Dynamik in die Frage der akuten Bedrohung von Jugendchören kommt. Wenn schon nur die gemäss Papier "Besten" gemeinsam wieder singen können, ist das immerhin schon etwas. Trotzdem möchte ich klar darauf hinweisen, dass (Sorry, liebe Freunde) Projekte wie der Schweizer Jugendchor längst nicht die einzigen sind, die begabte Jugendliche an anspruchsvolle Chormusik heranführen und die Coronakrise deutlich aufzeigt, dass es dringend an der Zeit wäre, die Schweizer Kinder- und Jugendchorförderung oder besser die ganze Chorszene so aufzustellen, dass wir in Zukunft hoffentlich gestärkt aus dieser Krise heraustreten können.





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