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Jürg Siegrist

Festivalsommer 2019

Aktualisiert: 12. Feb. 2022


Jetzt ist sie wieder. Die Zeit der Festivals und Grossanlässe. Letzte Woche wurde am Schweizer Fernsehen zur Hauptsendezeit das Spectacle der "Fête des Vignerons" in voller Länge ausgestrahlt. Beeindruckende Bilder dieses Grossevents waren zu sehen. Die Energie und der Aufwand, die für dieses Fest verwendet und betrieben werden sind gigantisch und zeugen von einer lebensfrohen Gegend, die zumindest vorgibt noch im Einklang mit Natur und Umwelt zu stehen. Ein Feuerwerk voller Lebensfreude, das Hoffnung und Zuversicht ausstrahlt.

In der Ostschweiz fanden kurz vorher das Openair St. Gallen und das Openair Frauenfeld statt. Die Veranstalter in St. Gallen haben seit einigen Jahren mit Publikumsschwund zu kämpfen. In Frauenfeld, das sich als Hip-Hop-Festival etabliert hat, spielen die meisten vor nahezu ausverkauften Rängen. Hip-Hop scheint momentan eh die beliebteste Musik bei den heutigen Jugendlichen zu sein. Das habe ich unlängst als Klassenlehrer in einem Klassenlager so erlebt. Und zwar länderübergreifend. Eine Schülerin sagte mir: "Wissen Sie, wenn wir gemeinsam Hip-Hop hören, gibt es am wenigsten Diskussionen." Für mich als Oldie eine interressante Äusserung. Viele Texte gäben auf Grund ihres expliziten Inhalts durchaus Anlass zu Diskussionen. Ein anderer Schüler sagt mir: "Diese expliziten Texte weisen ja nur auf gewisse Themen und Probleme hin, wir können das schon einordnen." Ich antworte: "Ja, das habe ich schon mehrfach diskutiert. Wissen Sie, Sie als gut ausgebildeter, kritischer Mensch, können das einordnen. Aber können das alle, die Hip-Hop-Texte hören?" Schockierenderweise musste er diese Frage mit einem etwas zurückhaltenden "Nein, wahrscheinlich nicht" beantworten. Stimmt, je jünger desto unwahrscheinlicher. (Dies bestätigen mir die sprachlichen Gepflogenheiten, wie sie im Pausenhof einer Primarschule vorherrschen...,nun denn, wir sagten früher auch häufig "geil" ohne die Bedeutung wirklich zu kennen wobei der Sprung zu "motherfucker" inhaltlich doch recht gross ist, besonders aus Sicht der aktuellen Genderdiskussion).

Ich kam mir vor, wie der warnende Grossvater in "Peter und der Wolf". Immerhin fängt Peter den Wolf am Schluss trotz Warnung selbst. Bleibt zu hoffen, dass dies der Hip-Hop-Szene auch immer wieder gelingt. Mein Sohn, knapp 10, hört momentan stundenlang "Wolke zehn" von Nero. Auch hier bleibt nur Aufklärung und Diskussion. Die Freude am Lied, das momentan fast die ganze Primarschule kennt, mag ich ihm nicht nehmen und wäre höchstwahrscheinlich auch kontraproduktiv.

Und da war noch das Gurtenfestival an dem sich Patent Ochsner vor bunt gemischtem Publikum die Seele aus dem Leib spielen. Sogar Lo und Leduc traten erstaunlicherweise im Gegensatz zum Vorjahr nur mit Originalinstrumenten auf. Ihr sonst eher Hip-Hop naher Stil mutiert so in vielen Phasen zum Reggaeton. Eine zukunftsweisende Mischung? Oder sind echte Instrumente "Old Style" in der zukünftigen, multimedialen Gesellschaft? Bestimmt nicht. Aber Konzerte mit echten Instrumentalistinnen und Instrumentalisten sind halt aufwändig und teuer. Ein Investition, die sich aber in jedem Fall lohnt. Dies zeigt sich zumindest am grossen Publikumsaufmarsch am Gurtenfestival und an der Bombenstimmung, die dort aufgekommen ist.

Bühne Huber sagt zum Schluss seines Auftritts "Aues veränderet sich, und das isch guet eso." Ein schönes Schlusswort....auch für diesen Blog.

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