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von Jürg Siegrist

Sexismus in der Kunst


Ist dieses Bild sexistisch? Ist das Lied 079 sexistsisch? In jüngster Zeit wird das Thema Sexismus in der Kunst wieder stärker diskutiert. Eine Diskussion, die meiner Meinung nach dringend nötig ist, weil es in der Eigenart der Kunst liegt, gesellschaftlich wichtige Themen aufzugreifen. Auffällig ist, wie stark die Emotionen zur Zeit in der Diskussion um das Lied 079 hochgehen. Woran mag das liegen? Was hat Tamara Funiciello denn schlimmes getan? Sie hat wie viele andere Frauen in erster Linie darauf hingewiesen, dass speziell im Lied 079 traditionelle Rollenmuster als Abbild der Gesellschaft übernommen werden und diesen Umstand gleichzeitig kritisch in Frage gestellt.

Es ist meiner Meinung nach jedoch nicht die Kunst, die die Gesellschaft prägt, sondern die Kunst ist gleichsam ein Spiegel der kulturellen und gesellschaftlichen Verhältnisse. Da wir seit Jahrhunderten in gesellschaftlichen Verhältnissen leben, in denen Frauen diskriminiert werden, muss sich dies unweigerlich auch in verschiedenen Kunstbereichen abbilden. Gestern wie heute. Man könnte umgekehrt auch die Frage stellen, ob im oben genannten Bild nicht der Mann einmal mehr auf die Rolle eines jämmerlichen Lustmolchs degradiert wird. Interessanterweise spielt diese Optik in der Genderdiskussion selten eine Rolle, weil sie wahrscheinlich für viele Mitglieder des sogenannt starken Geschlechts nicht relevant ist. Ich fühle mich jedoch gerade auch wenn man die Werbung betrachtet, praktisch tagtäglich auf genau diese Rolle reduziert. Ich bin nicht prüde oder so, aber es ärgert mich masslos, wenn Werber oder auch Werberinnen immer noch den Eindruck haben, sie könnten mit nackten Frauen männliche Kundschaft gewinnen. Aber wehe, Männer oder ihre Kollegen werden von Frauen in die sexistische Ecke gestellt. Dann laufen sie plötzlich Sturm und reagieren teilweise total unverhältnismässig.

Glücklicherweise gibt es auch jüngere Kunstprojekte, die mit den angesprochenen Themen durchaus sinnvoll umgehen können. Als Beispiel sei hier das Lied „donˋt make me wait“ von Sting und Shaggy erwähnt. Unter dieser Optik sehe ich im oben dargestellten Bild plötzlich zwei gleichberechtigte Menschen, die sich in gegenseitigem Respekt begegnen. Unabhängig von allen Äusserlichkeiten und Vorurteilen. Genau das geschieht im Lied 079 eben nicht und es entsteht eine tragische Geschichte aus ungeklärten Missverständnissen, wie sie sich zur Zeit tausendfach in absolut nutzlosen Medienschlachten wiederholen. Wir entscheiden selber, wie wir miteinander umgehen, weder Zensur noch Hasstiraden sind daher ein wirklich konstruktiver Beitrag in der Genderfrage wirklich weiterzukommen.

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