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Das Mittenza Muttenz im Jahre 2024

Heute geht im grossen Saal „Mittenza“ von Muttenz ein Jubiläumskonzert zum sechzigjährigen Bestehen der Musikschule Muttenz über die Bühne. Weit über 100 Jugendliche werden an dieser Aufführung, an der das Werk „The Drop That Contained the Sea“ von Christopher Tin im Zentrum stehen wird, beteiligt sein. Der Aufwand für einen solchen Grossanlass ist enorm, und wir dürfen uns nun auf einen stimmungsvollen Anlass freuen.

In der Nachkriegszeit ist in Muttenz die Idee aufgekommen, einen gemeinsamen, größeren Saal für kulturelle Anlässe zu bauen. Ein Neubauprojekt im Gebiet Hinterzweien wurde verworfen und schließlich kaufte die Gemeinde die Gebäude um das alte Gemeindehaus auf, um dort ein neues Gemeindezentrum inklusive Gemeindesaal zu realisieren. Anschließend folgte ab 1960 eine lange Planungs- und Bauphase, bis das neue Gemeindezentrum schließlich im Jahr 1970 eröffnet werden konnte. Nach anfänglichen Diskussionen galt die Architektur bald als Wurf und gut gelungene Ergänzung zum historischen Dorfkern, was dazu führte, dass Muttenz im Jahre 1983 den Wackerpreis für seinen schönen Dorfkern erhielt.

Damals war ich neun Jahre alt und besuchte in baufälligen Pavillons im Donnerbaum die Primarschule. Das Mittenza ist für mich mit intensiven Kindheitserinnerungen verbunden. Ich habe dort an lokalen Gewerbeausstellungen Lösli verkauft, mit der Familie an Sonntagen im Restaurant, wo viele bekannte Gesichter anzutreffen waren, gegessen, mit meiner Schulklasse eine witzige Dodo Hug im grossen Saal erlebt (unvergesslich ihre Impros zu „Schokolade“) und konnte später am gleichen Ort mit der Knabenkantorei als Pianist im Rahmen der „Baselbieter Konzerte“ auftreten.

Heute, im Jahre 2024, sieht die Situation um einiges anders aus. Das Restaurant ist seit Jahren geschlossen, die Umsätze sind zurück gegangen und es hat laufend Konflikte zwischen den Pächtern und der Gemeinde Muttenz als Inhaberin des Gebäudes gegeben. Kulturelle Anlässe finden im grossen Saal nur noch wenig statt. Die technische Infrastruktur ist veraltet und das anliegende Hotel ist ebenfalls geschlossen worden. Seit einiger Zeit kann die Musikschule die Räumlichkeiten zwischennutzen und ein KMU-Verein betreibt ein Bistrot im Innenhof des Gebäudekomplexes.

Der Handlungsbedarf ist seit Jahren offensichtlich, viel passiert ist bisher jedoch nicht, obwohl sich die Gemeindeversammlung kürzlich für eine umfassende Sanierung des Mittenzas ausgesprochen hat. Im Wilden Mann von Frenkendorf, im Kuspo von Pratteln klingt es meist etwas ähnlich: Wie können wir diese visionären Säle sinnvoll erhalten? Vermutlich hat sich das Kulturverhalten in den letzten zwanzig Jahren derart grundlegend verändert, das es fast unmöglich ist, auf diese Frage eine passende Antwort zu finden. Anders gefragt: Wann genau wurde das erste Smartphone verkauft? Wie wird sich die gesellschaftliche Kultur weiterentwickeln?

 

 

 

 

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