Macht und Musik
- juergsiegrist
- 15. Aug.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Aug.

Musik war schon immer ein Spiegel der Macht. In Opern werden Königinnen und Könige gestürzt, politische Gegner ins Gefängnis gesteckt oder raffinierte Intrigen gesponnen. Die Vielfalt der Ausdrucksformen ist enorm – und doch überrascht es, dass in einer Welt, die täglich von Machtpolitik geprägt ist, nicht mehr zeitgenössische Werke entstehen, die solche Prozesse künstlerisch aufgreifen.
Besonders spannend wird es, wenn gesellschaftliche Entwicklungen in der Musik ohne Worte, allein durch Klang, reflektiert werden. Ein Werk muss dabei gar nicht eindeutig Partei ergreifen – es kann einfach Denkanstöße geben und Diskussionen anstoßen.
Lange Zeit standen Komponistinnen und Komponisten stark unter dem Einfluss von Herrschenden, besonders dann, wenn sie bereits bekannt waren und auf deren Unterstützung angewiesen blieben. Heute ist das anders: In einer freien Gesellschaft kann Kunst unabhängig entstehen, ohne direkte politische Einflussnahme. Doch wer von seiner Musik leben will, muss auch ein Publikum erreichen. Viele zeitgenössische Werke, die gesellschaftliche Themen aufgreifen, sind klanglich so eigenwillig, dass sie kaum größere Hörerschaften finden. Für Komponierende bedeutet das, ihren eigenen Stil zu entwickeln, der unverwechselbar bleibt und gleichzeitig verständlich ist – ein Balanceakt, der nicht leicht zu meistern ist.
Vielleicht ist das der Grund, warum viele neue Kompositionen eher „unverdächtige“ und gefällige Themen wählen. Beim Basel Composition Competition tauchen Titel auf wie Hide and Seek, In Memoriam oder Nine Odes to the Night. Auf den ersten Blick wirken solche Namen harmlos – doch wer genau hinhört, könnte darin durchaus gesellschaftliche Bezüge entdecken.
Im September findet in Basel eine Konzertreihe statt, die das Verhältnis von Musik und Macht bewusst ins Zentrum stellt. Auf dem Programm stehen Werke von Schostakowitsch, Schönberg, Prokofjew und anderen, die alle Erfahrungen mit totalitären Regimen gemacht haben. Diese Auseinandersetzung ist in ihrer Musik deutlich hörbar – ein spannendes Konzept in einer Zeit, in der weltweit täglich über Machtpolitik berichtet wird.



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