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Magische Momente am Europäischen Jugendchorfestival in Basel

Zurzeit singen sie wieder, die Jugendchöre aus ganz Europa. Immer wieder wird erwähnt, dass die besten Ensembles aus ganz Europa an dieses Festival kommen würden. Was macht einen Chor zum besten Chor? Die beste Performance? Das schönste Tenue? Die perfekte Intonation? Die beste Chorleitung? Der schönste Klang? Seit dem Aufkommen des Internets haben Bewertungen und Bewertungsstrategien inflationär zugenommen. Bewertungen im Netz entstehen vor allem durch sogenannte Peereffekte. Ich finde etwas gut oder auch nicht gut (wie z. B. die Pizza Hawaii), um auch dabei zu sein im weltumfassenden Rumour des Netzes. Schließlich möchten wir ja auch dazugehören. Für die Kunstwelt bedeutet das jedoch, dass der Preis des Erfolgs auf Kosten der Vielfalt geht und persönliche, individuelle, nicht auf Massengeschmack und Mode ausgerichtete Qualitäten in einer vom Mainstream geprägten Welt medial ins Hintertreffen geraten. Es gibt nicht nur den ESC.

Als ich im Jahre 2018 mit dem Kammerchor des Gymnasiums Muttenz im internationalen Hauptfeld am Basler Festival teilnehmen konnte, wollte ich uns daher bewusst mit einem eigenständigen Profil, das wir schon hatten, präsentieren. Ich hatte schon mehrere Stücke für das Ensemble selber arrangiert, die bei den Schülerinnen und Schülern sehr gut ankamen, und ich entschloss mich daher, diese von eher neueren Klangkonzepten geprägten Werke in unser Programm einzubauen. Wir konnten damals das Festival in Liestal eröffnen und haben das mutig mit «Crowd Sounds», einem meiner Stücke zum Thema Massengesang und Fußballhymnen, getan. Leider war damals die gesamte Politprominenz am Eröffnungskonzert von Basel. Nur eine einsame Diplomatin aus Osteuropa irrte verwirrt durch die Gänge des Gemeindehauses und suchte ihren Chor.

Mit der Lancierung des Chorspektakels in der St. Jakobshalle vor vier Jahren hat sich die Situation deutlich gebessert. Die Idee war auch mit einem gewissen Risiko behaftet, da die Chöre akustisch verstärkt werden mussten. Die große Halle bietet jedoch die Möglichkeit, dass alle Chöre eine gemeinsame Eröffnung erleben können. Hätte ich jedoch dort mit dem Kammerchor «Crowd Sounds» gesungen? Wohl nicht, sondern eher Repertoirestücke wie «Tea for Two» oder «The Drunken Sailor». Diese Überlegung zeigt schön auf, dass sich Massentauglichkeit und Mut zur Innovation oft beißen. Mit etwas Glück lanciert man einen neuartigen Erfolg oder wird schamlos kritisiert.

Wirklich magische Momente lassen sich meist nicht vorausplanen, sondern entstehen in einem unmittelbaren Augenblick. Sie sind in ihrer Magie einmalig und unvergesslich. Ein solcher Moment entstand für mich, als Bundesrat Beat Jans am Eröffnungskonzert am letzten Mittwoch zu den Schlagzeugschlägern griff und unter rhythmischem Ansporn des ganzen Publikums eine kurze Impro zum Besten gab. Warum ist das magisch? Weil mit dieser kurzen Aktion genau das erlebbar und verinnerlicht wurde, was er in seiner Rede unmittelbar davor ins Zentrum gestellt hat: die unglaublich, fast magisch integrierende Kraft gemeinsamen Musizierens. Wie oft wurde diese Aktion gepostet? Ich habe nur bei der BaZ ein Video davon gefunden. Gehört Beat Jans nicht zum Schweizerischen Bundesrat? Ist das EJCF nicht eine internationale Plattform? Sind Medien blind geworden oder fehlte einfach ein geschicktes Promoting? Oder ist es nicht geradezu typisch und auch schön, dass ein solcher magischer Moment gerade nicht medial ausgeschlachtet wird?

Ein anderer besonderer Moment ereignete sich für den Kammerchor des Gymnasiums Muttenz im Jahre 2018 an seinem Lunchkonzert in der Clarakirche. In der Euphorie des Festivals entschloss ich mich nämlich recht kurzfristig, die ersten beiden Stücke des Programms zusammenzuhängen und im Kreis um das Publikum in einer Art Improvisation anzulegen. Der Kammerchor war damals zum Glück derart intonationssicher, dass das mit etwas Glück gut geklappt hat. Aber hören Sie selber:


Ich wünsche allen noch ein schönes Festival! Genießen Sie jeden magischen Moment!

 
 
 

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