In den Medien wurde sie breit geschlagen, die Frage der Öffnung der Aussenbereiche von Restaurants. Viele Kantone wollten hier einen grösseren Schritt vorangehen, als der Bund das ursprünglich vorgeschlagen hatte. Um einen kantonalen Flickenteppich zu vermeiden, lenkten schliesslich letzte Woche alle teilweise mit Zähneknirschen auf die Vorgabe des Bundes ein. Restaurants müssen also bis auf weiteres vollständig geschlossen bleiben.
Einmal mehr wundert mich das schwache Echo der Medien über einen anderen neuen Öffnungsschritt, der vorsieht , dass Jugendchöre bis zum Alter von zwanzig Jahren ab Montag wieder gemeinsam singen dürften. Darüber war fast nirgends etwas zu hören oder zu sehen. Oder habe ich etwas verpasst? Natürlich war die Spannung in der Szene, wie die Kantone mit den neuen Öffnungsmöglichkeiten im Chorbereich umgehen, gross. Seit Mittwoch warteten alle auf die Bescheide der kantonalen Behörden.
Während jedoch die Restaurantfrage tagelang intensiv öffentlich diskutiert und kantonal verglichen wurde, herrschte zur Frage des Jugendchorsingens grosszügiges, mediales Schweigen. Für das Singen scheint sich in unserer Gesellschaft einfach niemand mehr zu interessieren. Schon jahrelang fordern Verbände stärkere Förderkonzepte, geschehen ist gar nichts.
Es ist daher frappant, wie stark uns dieser Wandel in der Coronakrise entgegenschlägt. Während also alle einheitliche Regelungen fordern, geht der kantonale Flickenteppich fern medialer Aufmerksamkeit im Jugendchorbereich munter weiter. Wer darf nun und wer nicht? Wie haben sich die Kantone entschieden? Wie gehen die Chöre mit der neuen Situation um? Fühlen sie sich sicher dabei? Welche Schutzkonzepte werden nun umgesetzt, nachdem es im Herbst in Erwachsenenchören zu Todesfällen gekommen ist? Es herrscht allgemeines Schweigen im Walde.
So ist die Chorszene im Gegensatz zu den Restaurants trotz bundesweiter Öffnung der Willkür der Behörden einmal mehr vollständig ausgesetzt. Die einen dürfen, die anderen dürften zwar, dürfen aber immer noch nicht, weil die kantonalen Schutzkonzepte nicht angepasst werden. Die anderen dürfen, möchten aber vielleicht bei moderat steigenden Fallzahlen noch nicht. Da es aber hier nicht um Geld sondern um ein "kulturelles Gut in der Ausbildung" geht, interessiert oder stört der Wildwuchs hier niemanden. Das jüngste Beispiel zeigt: Das föderalistische System kommt nicht nur bei Beschränkungen sondern auch bei Öffnungen völlig an seine Grenzen...
Ich werde versuchen, die jüngsten Geschehnisse mit meinen Schülerinnen und Schülern zu diskutieren und darzulegen, warum wir in Baselland an Mittelschulen nach wie vor nicht gemeinsam singen dürfen. Viele werden die Problematik vermutlich nicht gut kennen und einfach nur wie ich enttäuscht den Kopf hängen lassen....Währenddessen singt man in der Primarschule munter das Baselbieterlied; in gewissen Fällen kreuzfalsch...
Lieber Jörg Deine Wahrnehmung über die Momentane Situation im Bereich des Gesangs im Chor und dessen Gesellschaftliche Bedeutung ist ja eigentlich nichts neues. Die Bedeutung des Gesangs als Unterstützung für die Persönlichkeitsentwicklung hat eher abgenommen, wobei da ja nicht nur Jugendliche gemeint sind. Die Stimme ist der direkte weg zu unserer Seele nicht zugänglich für unseren Intellekt aber auch eines der grössten Entwicklungs und Energie Resurssen-Reservoir des menschlichem Wesen. Unsere westlich Philosophie Orientiert sich an Materiellen Werten die gesteuert sind durch rein ökonomischen Schwerpunkten ( Gewinn, Effizienz, Kosten) Die Pandemie Konfrontiert uns mit der Tatsache der Hilflosigkeit die wir kaum aushalten. Lösungen müssen her auch wenn es nur beschränkte Ansätze gibt. Wenn wir keine haben kreieren wir Sündenböcke da e…
Lieber Jürg, gut geschrieben. Vielleicht nach oder neben der musikalischen Karriere auch noch Politik als nächstes Steckenpferd? 🤔
Tja, die Situation bleibt fragil und so auch die Entscheide. Aber wichtig ist: Kopf nicht hängen lassen, die Zeiten werden sich ändern. Frühlingsgrüsse aus Duggingen. Sandra